Über den Autor

Sandra Fuest, M.Sc., MBA

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie; Sektion für "Regenerative Orofaziale Medizin"; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Germany
s.fuest@uke.de

Vita

seit 07/2021     PhD-Programm für Nicht-MedizinerInnen, UKE Hamburg-Eppendorf, Doktorvater: Univ.-Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets

05/2021 – 01/2023    Masterstudium Master of Business Administration, IU Internationale Hochschule

09/2018 – 01/2020        Masterstudium Biomedical Engineering FH Aachen

09/2015 – 07/2018        Bachelorstudium Biomedizinische Technik FH Aachen

09/2013 – 03/2015        Bachelorstudium Maschinenbau RWTH Aachen

Co-Autoren

Sandra Fuest (M.Sc.), Dr.-Ing. Alexander Kopp, Dr.-Ing. Marius Köpf, Dr. Dr. Christian Knipfer, Dr. Levi Matthies, Dr. Dr. Rico Rutkowski, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Martin Gosau, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ralf Smeets

Biologisierung von dentalen Implantatoberflächen mittels Seidenfibroin – eine experimentelle in-vitro-Studie

Thema

Einleitung:

Die Biologisierung von dentalen Implantatoberflächen wird als zukunftsgerichtete Möglichkeit gesehen, die Osseointegration und Weichgewebsanlagerung klinisch zu optimieren [1]. Eine vollständig biokompatible Oberflächenbeschichtung minimiert nicht nur die Abnutzung des Implantats, sondern verhindert gleichzeitig das Risiko allergischer Reaktionen und Entzündungen, welche durch das chirurgische Trauma selbst oder die Wechselwirkung zwischen Gewebe und Material verursacht werden [2-6]. Anforderungen an das Beschichtungsmaterial sind dabei Punkte wie Biokompatibilität, Nichttoxizität, eine geringe Immunogenität und eine einstellbare Abbaurate. Als neuartiges Material erfüllt Seidenfibroin vom Maulbeerseidenspinner Bombyx mori (B. mori) alle vorgenannten Anforderungen und übertrifft damit konventionell eingesetzte Beschichtungssysteme [7-11]. Zudem regt Seidenfibroin eine bioaktive Interaktion des umliegenden Gewebes unter Zelladhäsion und -wachstum an, und lässt sich mittels verschiedener Techniken zu versatilen Formen verarbeiten, wodurch zahlreiche Identifikationsfelder der dentalen Medizin bedient werden können, siehe Abbildung 1 [12-14].

Material & Methoden:

Die Herstellung der additivfreien Proteinlösung erfolgt durch die Entfernung des Sericins aus der Rohseide und anschließender Regeneration des verbleibenden Seidenfibroins in einem wasserbasierten Lösungsmittel, siehe Abbildung 2. Die Implantatmaterialien Titan, Magnesium und PMMA wurden vor der Beschichtung entsprechend behandelt und auf ihre Oberflächenbeschaffenheit hin nach DIN 55660-2 untersucht, siehe Abbildung 3. Nach erfolgreich durchgeführtem Layer-by-Layer-Beschichtungsprozess wurde eine neuartige Nachbehandlungsmethode mittels Wasserdampf etabliert und mit konventionellen Kristallisationstechniken vergleichen. Der Proof-of-concept der Wirksamkeit des Materials wurde durch zellbasierte Analyseverfahren erbracht.

Ergebnis:

Alle drei Implantatmaterialien konnten nach Messung des Benetzungsverhaltens erfolgreich mit Seidenfibroin beschichtet werden, wobei signifikant unterschiedliche Werte zwischen PEO und unbeschichteten Probekörpern gemessen wurden (p<0.05). Die Schichtdicken ohne PEO erreichten Werte von 5,14 ± 0,22 µm für Titan, und 0,41 ± 0,14 µm für PMMA, siehe Abbildung 4. Die unterschiedlichen Nachbehandlungstechniken konnten anhand von FTIR-Messungen nach verschiedenen Zeiträumen erfolgreich einer Proteinstruktur zugewiesen werden, und ließen sich dabei klar in α-Helix und β-Faltblattstrukturen einordnen, dargestellt in Abbildung 5. Bei genauer Betrachtung der Zelladhäsion auf der Seidenfibroinschicht konnten auf allen Werkstoffen Zellen nachgewiesen werden, wobei die Zellanzahl zwischen den metallischen Prokörpern und PMMA deutliche Unterschiede zeigten, siehe Abbildung 6. Die Menge proinflammatorischer TNF- α-Zytokine wurde im ELISA Test quantitativ bestimmt und zeigte innerhalb von 12 Stunden signifikant höhere Ergebnisse sowohl zwischen Medium und Fibroin Probekörpern als auch zwischen PEO beschichteten und nicht PEO beschichteten Implantatmaterialien (p<0.05). Die genauen Werte können Abbildung 7 entnommen werden.

 

Bildergalerie (7)

Literatur:

[1] Lioubavina-Hack, N., Lang, N. P., & Karring, T. (2006). Significance of primary stability for osseointegration of dental implants. Clinical Oral Implants Research, 17(3), 244–250

[2] Z. Sheikh, P. Brooks, O. Barzilay, N. Fine, and M. Glogauer, “Macrophages, Foreign Body Giant Cells and Their Response to Implantable Biomaterials,” Materials (Basel)., vol. 8, no. 9, pp. 5671–5701, (2015)

[3] T. P. Chaturvedi, “Allergy related to dental implant and its clinical significance,” Clin. Cosmet. Investig. Dent., vol. 5, pp. 57–61, (2013)

[4] A. Kulkarni Aranya, S. Pushalkar, M. Zhao, R. Z. LeGeros, Y. Zhang, and D. Saxena, “Antibacterial and bioactive coatings on titanium implant surfacesJ. Biomed. Mater. Res. Part A, vol. 105, no. 8, pp. 2218–2227, (2017)

[5] Y. Qiao and X. Liu, “Biocompatible Coating,” in Comprehensive Materials Processing, vol. 4, Elsevier, pp. 425–447, (2014)

[6] C. J. Wilson et al., “Mediation of Biomaterial – Cell Interactions by Adsorbed Proteins : A Review” vol. 11, no. 1, (2005)

[7] X. Wang, H. J. Kim, P. Xu, A. Matsumoto, and D. L. Kaplan, “Biomaterial Coatings by Stepwise Deposition of Silk Fibroin” Langmuir, vol. 21, no. 24, pp. 11335–11341, (2005)

[8] D. Naskar et al., “Silk Biomaterials for Tissue Engineering and Regenerative Medicine” Silk Biomater. Tissue Eng. Regen. Med., pp. xiii–xvii, (2014)

[9] C. Vepari and D. L. Kaplan, “Silk as a biomaterial” Prog. Polym. Sci., vol. 32, no. 8–9, pp. 991–1007, (2007)

[10] Z. H. Li, S. C. Ji, Y. Z. Wang, X. C. Shen, and H. Liang, “Silk fibroin-based scaffolds for tissue engineering” Front. Mater. Sci., vol. 7, no. 3, pp. 237–247, (2013)

[11] T. Sultan, O. J. Lee, and S. H. Kim, “Silk Fibroin in Wound Healing Process” (2018).

[12] Amiraliyan, Nasim; Nouri, Mahdi; Kish, Mohammad Haghighat; „Effects of some electrospinning parameters on morphology of natural silk-based nanofibers“; Journal of Applied Polymer Science. Bd. 113 (2009) H. 1, S. 226–234

[13] Cao, Yang; Wang, Bochu; „Biodegradation of silk biomaterials“; International journal of molecular sciences. Bd. 10 (2009) H. 4, S. 1514–1524

[14] Cheng, Yuan; Han, Ming-Yong; Khin, Yin-Win; Koh, Leng-Duei; Loh, Xian-Jun; Low, Michelle; Tee, Si-Yin; Teng, Choon-Peng; Ye, Enyi; Yu, Hai-Dong; Zhang, Yong-Wie; „Structures, mechanical properties and applications of silk fibroin materials“; Progress in Polymer Science (2015) H. 46, S. 86–110

[15] Kopp, A., Smeets, R., Gosau, M., Kröger, N., Fuest, S., Köpf, M., Kruse, M., Krieger, J., Rutkowski, R., Henningsen, A., Burg, S.; „Effect of process parameters on additive-free electrospinning of regenerated silk fibroin nonwovens“; Bioactive Materials, 5(2), 241–252, (2020) 

Zusammenfassung:

Die dargestellten Ergebnisse dienen der qualitativen Beurteilung, ob Seidenfibroin ein Potential für die Beschichtung von Implantatmaterialien und darüber hinaus für den Einsatz als Medizinprodukt aufweist. Im Vordergrund dieser Arbeit stand dabei der Aspekt, die Fremdkörperabstoßungsreaktion zu minimieren und das Risiko von Entzündungen nach Implantation so gering wie möglich zu halten. Als neuartiges Biomaterial bietet Seidenfibroin die Biokompatibilität und Degradierbarkeit in Verbindung mit mechanischer Festigkeit und kombiniert damit die Eigenschaften konventioneller metallischer und biologischer Werkstoffe. Die Layer-by-Layer-Technik als innovative Beschichtungsmethode erscheint aussichtsreich, in der Zukunft in ein stabiles automatisiertes Verfahren überführt zu werden, welches eine tragende Rolle im Bereich der orofazialen Medizin spielen könnte. In weiterführenden Untersuchungen müssen deshalb sowohl die Prozessparameter als auch die Wechselwirkungen auf Zellebene genauer untersucht werden.